Donnerstag, 25. September 2008

Freitag 12. September, Wakkanai (Hokaido), Japan:
Nach der schönen Zeit bei den Bikern in Blagowechensk fahren wir mit Scott und Kim nach Khabarowsk. Es ist auch mal was anderes, mit mehreren Moppeds zu fahren. Es geht jedoch recht langsam voran. Dann stellen wir auch noch fest, dass wir in der falschen Zeit "leben". Wir hätten die Uhr um 2 Stunden vorstellen müssen. Die Kilometer ziehen sich wie Kaugummi... auf dem Schotterweg kommen wir kaum voran, da Scott sehr langsam fährt. Kann man ja auch nach seinem Sturz bei 80 Km/h verstehen.
An einer Tankstelle treffen wir einen Fahrradfahrer aus Tschechien der gerade aus Japan über Sachalin kommt. Er bringt gute Nachrichten: mit ihm war auch ein Motorradfahrer auf dem Schiff. Es ist also möglich mit dem Motorrad von Sachalin nach Hokkaido zu fahren.

Endlich in Khabarowsk angekommen, suchen wir eine Unterkunft. Die Hotels, in denen wir nachfragen, sind entweder viel zu teuer oder haben keine Zimmer für staubige Motorradfahrer. Es ist schon spät. Wir essen schnell etwas und fahren dann im Dunkeln aus der Stadt. Ich habe einen GPS-Punkt von einem Motorradklub,doch dieser scheint falsch zu sein. Mein GPS-Gerät zeigt, dass der Klub 20 km östlich der Stadt sein solle. Wir entschließen uns, unsere Zelte in einem kleinen Waldstück aufzuschlagen. Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir direkt neben einem Friedhof stehen....Schnell packen wir zusammen und fahren zurück in die Stadt. Ich habe gemerkt, dass ich zwei Zahlen von der GPS-Koordinate des Bikeclubs vertauscht habe. Nun ist er mitten in der Stadt. Die anderen warten in der Stadt und ich fahre zum Punkt.

Vor einem großen Blechtor drehe ich Runden, kann aber einen Club nicht finden. Also fahren fahren zum Amur. Dort treffen wir einen Biker auf einer GSX1000. Er ruft den Chef des Clubs an, der unsabholen will. Während wir warten, kommt ein Zeitungsjournalist. Er macht Fotos von uns und ich gebe mit meinen miesen Russischkenntnissen ein Interview.... Der Chef kommt mit einer Goldwing und wir folgen ihm zu einer Banja. Endlich können wir dort duschen und unsere Sachen werden gewaschen. Die Biker vermitteln uns ein Appartment, 16 qm für 4 Leute, aber für 3000 Rubel für eine Woche echt günstig. Ein Doppelzimmer im Hotel kostet pro Nacht etwa das Gleiche. Das Appartment ist sehr heruntergekommen. Kim tauft es Hovel (Shithole) . Wir räumen die Möbel in den Flur und breiten unsere Isomatten aus. Hier in der Stadt müssen wir auf die Carnets von Scott und Kim warten. Die beiden lassen sie sich mit DHL schicken.

Am nächsten Tag sehen wir uns die Stadt an und machen eine Schiffsfahrt auf dem Amur. Abends fahren wir in einen Art Biergaren am Fluß. Dort ist jeden Abend der Treffpunkt der Biker. Wir werden herzlich begrüßt und binnen 10 minuten haben wir jede Menge neue Freunde. Später fahren wir in einer Gruppe mit etwa 30 Motorrädern eine Runde durch die Stadt. An roten Ampeln blockieren zwei Biker die Kreuzung, damit die anderen durchfahren können, an den Polizeikontrollen fangen alle an zu hupen. Die Polizei versucht erst gar nicht, die Biker anzuhalten. Es macht einen Riesen-Spaß in so einer großen Gruppe durch die Stadt zu cruisen. Wieder angekommen am Amur, ist dort die Party noch voll im Gange. Noch bis um halb vier feiern wir Ende August bei warmen 20 Grad im russischen Fernost.

Wir versuchen eine Registrierung hier in Khabarowsk zu bekommen. Am folgenden Tag gehen wir zuerst wir zur Post, dort schickt man uns zur Migrationsbehörde und von dort aus zur Militz. Wir geben auf und hoffen ohne Registrierung ausreisen zu können... Das letzte mal hatten wir ohne Registrierung auch keine Probleme, aber Scott ist in solchen Dingen sehr genau. Abends fahren Kim, Stefan und ich wieder zum Bikertreffpunkt am Amur. Heute gibt es Livemusik! Wir werden herzlich mit Handschlag begrüßt, als ob wir schon immer dazugehören. Ein Radiojournalist spricht uns an und will ein Interview mit uns machen. Stefan beantwortet ihm seine Fragen ein Dolmetscher übersetzt alles ins russische... Ich bin gespannt, ob aus unseren Interviews was geworden ist...

Später fahren wir alle zur Garage von Jaruslav. Dort geht die Party erst richtig los. Ein Kocher wird rausgeholt und Plof gekocht. Kim fährt mit Jaruslav kurz weg und kommt mit einer Kiste Wodka wieder. Bei Wodka würde ich mich am liebsten raushalten, doch schon habe ich ein Glas in der Hand. Ich proste zu und stelle das Glas voll an die Seite. Sascha sieht es und gibt mir eine halbvolle Dose Bier und flüstert mir ins Ohr, ich soll damit prosten.... Das mache ich und komme um die Sauferei herum. Dann zeigt uns Jaruslav seine Jeep-Offroad-Videos von Sachalin und Kamschatka und wir spielen Tischeishockey. Stefan und Kim sind vom Wodka schon mächtig angeschlagen. Die können heute nicht mehr zurück in unser Hovel fahren. Es ist schon spät und immer mehr Biker verabschieden sich. Ich mache mich auch auf den Weg. Die anderen beiden schlafen mit Jaruslav in der Garage. Insgesamt bleiben wir 8 Nächte in Khabarowsk. Jeden Abend haben wir einen riesen Spaß mit den Bikern zu feiern und durch die Stadt zu cruisen. ...eine tolle Atmosphäre und Stimmung!!!

Inzwischen hat sich Cris aus Sydney zu unserer Truppe gesellt. Er will auch mit uns über Sachalin nach Japan mitkommen. Die Lichtmaschine seiner BMW ist kaputt, wird aber mit Hilfe der Biker schnell repariert. Trotz der schönen Zeit bei den Bikern bin ich froh, dass es am 05.09. endlich weiter geht. Wir stehen früh auf und räumen unseren Kram aus dem Hovel. Dann fahre ich mit Scott zur Post, um die Zolldokumente nach Japan zu faxen. Das Fax kostet fasst 3000 Rubel, genau soviel wie unsere Unterkunft für 7 Tage. Und im Nachhinein stellt sich heraus, dass es auch ohne Fax ginge. Es ist schon nach 12 Uhr, da geht es endlich los. Es macht Spaß, mal in einer Gruppe von 5 Moppeds zu fahren.

Gegen Abend schlagen wir unsere Zelte an einem kleinen See auf. Tausende von Kamaris stürzen sich auf uns. In einem großen Geländewagen kommen drei Leute vorbei und schenken uns zwei Enten und einen riesigen Lachs. Ich mache mich gleich daran, den Lachs auszunehmen und zuzubereiten. Die anderen sammeln Feuerholz und bauen den Grilliput auf. Das Abendessen ist gesichert, der Fisch schmeckt vorzüglich und ist fast zuviel für 5 Personen. Wir sitzen noch lange mit unseren Moskitonetzen über dem Kopf am Feuer ... eine wunderschöne sternklare Nacht.

Am Nächsten Tag gibt’s dann wieder Schotterpiste. Die Straße schlängelt sich durch den dichten Wald und über holzbeplankte Brücken. Wir kommen langsam voran. Gegen den Abend campen wir dicht an der Straße auf einer kleinen Lichtung. Da hören wir auf der Straße ein Motorrad vorbeifahren. Cris stellt sich auf sein Mopped und sieht eine BMW mit Alukoffern vorbeifahren. Ich schnappe schnell meinen Helm und fahre hinterher. In etwa 5 km habe ich ihn eingeholt. Es ist Anton aus Tschechien, er will auch über Sachalin nach Japan und dann nach Thailand weiterfahren. Ich nehme ihn in unser Lager mit. Mit Wodka und einem Lagerfeuer lassen wir den Abend gemütlich ausklingen.

Zu Sechst gehts weiter nach Wanino dem Fährhafen nach Sachalin. Dort erfahren wir, dass schon in der Nacht das nächste Schiff fährt. Wir fahren zum Bahnhof, wo wir die Tickets kaufen wollen. Gut, dass wir Anton mit im Boot haben. Er spricht perfekt Russisch und ist auch noch von Beruf Übersetzer für Japanisch! Die Story von dem Ticketkauf werde ich von Scott geschrieben hier einstellen. Nur soviel: wir haben den ganzen Tag dafür gebraucht, dann haben wir uns ein paar Bier gekauft und im Hafen gewartet. In der Nacht um 3 Uhr ging es dann endlich auf das Schiff: ein rostiger alter Seelenverkäufer. Unsere 8–Mann Kabine ist ein heruntergekommenes stinkendes Drecksloch... schlimmer als unser Hovel in Khabarowsk. Mine Koje knarrt so laut, dass ich irgendwann auf den Fußboden umziehe...geschlafen habe ich nicht viel.

Den nächsten Tag vergammeln wir an Deck. Es ist tolles Wetter. Die Fähre benötigt etwa 20 Stunden für das kurze Stück nach Sachalin. Um 21 Uhr abends legen wir endlich an. Am Ausgang werden unsere Pässe kontrolliert und dann eingezogen. Wir sind ratlos... Die Beamte meint, dass wir zur Milizstation im Bahnhof kommen sollen. Wir fahren unsere Moppeds von Bord, doch vom Hafengelände will man uns nicht herunterlassen. Wir müssen erst in ein Büro und dort eine Gebühr bezahlen. Dann suchen wir den bestimmten Bahnhof. Der Beamte dortweiß nichts von unseren Pässen und fängt an zu telefonieren. Nun sollen wir draußen warten. Als wir raus kommen, haben die anderen Beamten die Pässe schon. Die Frau vom Schiff hat sie vorbeigebracht. Wir sind erleichtert!

Der Fahrer eines Geländewagens mit japanischen Nummernschild spricht uns an. Er ist Mitglied der Enduroclubs von Sachalin. Er will uns einen Platz zum Campen zeigen. Wir folgen ihm durch die Nacht. Irgendwann fährt er von der Straße auf einen schlammigen Weg mit tiefen Pfützen und das im Stockdunkeln. Wir halten in einem Wald direkt an einem Fluss. Es sieht aus wie in einem Urwald alles ist mit hohen großblättrigen Pflanzen bewachsen. Hier bauen wir unsere Zelte auf. Der Fluss ist voll mit Lachsen, die aus dem Meer hierher zum Laichen kommen und dann sterben.

09.09. 2008 Als ich morgens aus dem Zelt krieche, ist es nebelig und alles ist klatschnaß. Wir kochen Kaffee und packen zusammen. Auf dem Weg zurück zur Straße stürzt Cris in einem tiefen Schlammloch. Die BMW springt nicht mehr an. Scott und Kim helfen, sie herauszuschieben. Mit trockenen Kerzen läuft sie dann wieder.

Wir wollen zu einem Ort, der vor Jahren von einem Erdbeben zerstört und dann nicht mehr aufgebaut wurde. Dieser befindet sich an einer Nebenstraße. Zuerst gibt es noch Holzbrücken über den Fluss, dann nur noch Furten und diese werden immer tiefer. Nach der vierten geben wir auf, drehen um und fahren nach Juschno-Sachalinsk, um Infos über die Fähre nach Hokkaido einzuholen. Wir erfahren, dass das nächste Schiff schon morgen geht und das nächste erst wieder in einer Woche. Ich wäre gerne noch ein paar Tage auf der Insel geblieben, aber eine Woche ist zu lange... der Sommer ist langsam zu Ende und Japan wollen wir uns ja auch noch anschauen.

Als wir uns einen Platz zum Schlafen suchen wollen, gabelt uns ein Biker auf und lädt uns zu sich nach Hause ein. Mit Wodka, Kaviar und anderen Köstlichkeiten verbringen wir unseren letzten Abend in Russland standesgemäß. ...Mütterchen Russland!

10.09.2008 Auf nach Japan!!! Punkt 8 Uhr morgens stehen wir vor dem Hafeneingang und warten. Zoll und Ausreise dauern etwa 2 Stunden, dann geht’s auf's Schiff. Kurz nach dem Ablegen werden wir gebeten, in den Laderaum zu kommen. Dort bekommen wir einen Eimer, Bürste und Hochdruckreiniger in die Hand gedrückt und müssen unsere Moppeds waschen. So dreckig dürfen wir nicht nach Japan herein. Wir haben große Mühe den Dreck der letzten 4 Monate und über 20000 km abzuschrubben. Ein Japaner im blauen Overall kontrolliert genaustens; was nicht richtig sauber ist, muss noch mal geputzt werden. Dann ist auch schon Hokkaido in Sicht. Nach dem Anlegen müssen wir ins Zollgebäude. Wir bekommen ein Visum für 90 Tage und die Carnets für die Moppeds werden gestempelt. Eine Versicherung müssen wir abschließen,danach dürfen wir fahren.

Das erste mal auf der linken Straßenseite... für mich ist es nicht so einfach. Dazu kommt soch, dass mein rechter Spiegel kaputt irgendwo in der Mongolei liegt. Aber ich gewöhne mich schnell daran. Wir finden eine günstige Unterkunft in einem Riders-House einer Art Jugendherberge speziell für Fahrrad- und Motorradfahrer. Jetzt bin ich am Östlichsten Punkt meiner Reise angekommen, von hier aus geht es also wieder in Richtung Heimat könnte man sagen. Ich bin aber froh, dass die Reise noch nicht vorbei ist ... ich habe ja noch 7 Monate ;-)

Dann bis zum nächsten Mal. Schöne Grüsse! Euer Matze

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Mablo,

verfolge deine Reiseberichte
immer mit ein wenig Fernweh. Tolle
Sache. Habe deshalb auch direkt
mal die Fähre für meinen
nächsten Schottlandtrip gebucht.
Alles Gute in Japan wünscht
Peter
(Scotlandbiker )