Mittwoch, 9. Juli 2008

Kasachstan

6. Juli 2008, russischer Altai
Es ist schon wieder lange her, als ich mich das letzte mal meldetet. Inzwischen sind wir wieder in Russland und bis zur Mongolei ist es quasi ein Katzensprung entfernt. Es passierte viel und ich hatte kaum Zeit, mein Tagebuch zu schreiben, oft aber auch einfach keine Lust...

Am 24.06 fuhren wir von Bishkek wieder nach Kasachstan. Der Grenzübertritt ging, wie immer bis jetzt, problemlos - auch ohne Registrierung und Zoll! Die Deutschen Geländewagenfahrer haben ja mal wieder auf dem Zollamt gesessen und sich irgendwelche Stempel besorgt und erzählten uns Horrorgeschichten, wie teuer es werden kann, wenn man es nicht macht. Bei uns geht es immer auch ohne den ganzen Aufwand. Vielleicht haben wir auch einfach bis jetzt nur Glück gehabt und bekommen irgendwann die Quittung?! Nein, positiv denken!!!
Wenn die Beamten verlangen, dass ich die Koffer aufmachen soll, mache ich erst mal den großen auf, in dessen Deckel die Route und zahlreiche Fotos aufeingeklebt sind. Und das lenkt dann schon von der eigentlichen Kontrolle ab und sie interessieren sich dafür... und ich brauche die anderen Sachen gar nicht mehr zu öffnen. Der Trick hat sich bis jetzt bestens bewährt, auch bei Polizeikontrollen.

Kaum sind wir in Kasachstan, werden wir auch schon an einer Kreuzung von den netten Beamten angehalten. Wir müssen sie zum Auto begleiten, wo unsere Papiere kontrolliert werden. Stefan muss sich ins Auto setzen. Der Polizist macht das Geldzeichen und sagt Dollar... Wir lachen beide und ich denke: Das sitzen wir aus. Der Beamte gibt uns die Papiere zurück und lässt uns fahren. Das Lachen hat ihm wohl gezeigt, dass es nicht so leicht ist, was zu holen... Im Umgang mit der Miliz, sind wir mit der Zeit ganz schön abgebrüht geworden.

Wir fahren weiter nach Töli Bi, das früher zu Sowjetzeiten Novotroitzk hieß. Hier ist Olga, meine beste Freundin, geboren. Wir versuchen an Hand einer Skizze und mit Hilfe von Anwohnern das ehemalige Haus von Gitleins zu finden. Ich weiß nicht so recht, ob wir letztendlich das richtige fotografierten. Dicke schwarze Wolken ziehen auf und Blitze zucken. Wir fahren und suchen uns einen Platz zum Zelten.

26.06.2008 - auf nach Almaty.
Hier sollen ja bald mein neuer Stoßdämpfer und die anderen Ersatzteile mit dem Flugzeug ankommen. Wir fahren eine in der Karte gelb eingezeichnete Straße entlang, die zuerst noch asphaltiert ist und dann nur noch ein Weg an der Bahnschiene führt. Doch laut GPS sind wir richtig. Also fahren wir weiter. Es macht richtig Spaß, trotz eines kaputten Stoßdämpfers. Abends zelten wir ca. 50 km vor Almaty in der Hugeligen Steppe. Nachts regnet es in Strömen, jedoch am Morgen weckt uns schon wieder die Wärme der Sonne... Wir packen zusammen und fahren nach Almay. Ich kaufe mir dort eine kasachische SIM Card und telefoniere mit Olga wegen der Ersatzteile. Sie erzählt mir, dass das Paket Morgen früh ankommt. Es passt ja super! Wir suchen nach einem günstigen Hotel, doch Almaty ist sehr teuer. Wir finden nichts, was unserem Budget entspicht. Also entscheiden wir aus der Stadt zu fahren und essen erst mal in einer Schaschlikbude. Wir werden vom Unwetter überrascht. Der Pavillon, unter dem wir saßen, geht fliegen. Wir flüchten in einen Magasin. Diese Nacht campen wir 20 km vor Almaty auf einem Feld.

27.06.2008: Wir fahren zum Internationalen Flughafen in Almaty, um die Ersatzteile für mein Mopped abzuholen. An der Information spricht niemand Englisch. Ich frage nach dem Cargo-Terminal. Niemand kann mir helfen. Die Dame am Info-Terminal telefoniert und drückt mir den Hörer in die Hand. Am anderen Ende ist eine Frauenstimme, die ein entwas besses Englisch spricht. Ich frage wieder nach dem Cargo-Terminal. Sie kann mir nicht weiterhelfen. Dann erwähne ich die Turkish Airlines, mit der das Paket ankommen soll. Dort soll ich jetzt hingehen. Ich denke, "die wollen mich doch bloß loswerden" und laufe in das Hotel, wo die Airline sitzt. Ich treffe auf einen Mitarbeiter der Englisch spricht und der weiß, wo der Cargoterminal ist, der auf russisch CBX heißt. Aha... Das CBX ist ca. 3 km vom Flughafen entfernt!
Dort frage ich mich durch die Büros und werde von dem einem zum anderen geschickt. Passkopie hier, Zollerklärung dort, Stempel 3. Etasch, Zoll bezahlen 1. Etasch.... Sage und schreibe 45, nicht Euro oder Dollar, sondern Tenge muss ich an den Zoll verrichten. Das sind umgerechtet 24 Cent! Sehr günstig im Vergleich zum dem, was in Deutschland vermutet und erfahrungsgemäß bazahlt wurde (ca. 100 €). Nach etwa 2 Stunden habe ich das Paket endlich in der Hand! Wir verstauen die Sachen und fahren in nördlicher Richtung aus der Stadt. Große Lust, heut noch zu schrauben habe ich nicht, denn das Mopped lauft ja...

Qapshaghay liegt am See Ysyk Köl und ist Naherholungsgebiet von Almaty. Dort wollen wir am See campen. Zuvor essen wir aber erstmal etwas in einem Supermarkt. Als wir zu den Moppeds zurückkehren, steht daneben ein weißer, getunter Toyota Celica. Der Besitzer sprach uns an. Zuerst dachte ich, dass es auf die übliche Fragerei hinausgeht: wohin, woher.... Er wartet schon eine Weile auf uns. Er ist auch Biker. Ich frage ihn, ob er einen Federspanner hatt und die Stoßdämpferfeder wechseln kann. "Kein Problem", meint er. Zuerst fährt er mit uns zu einem bezahlbaren Hotel, wo er dann auch noch, wie wir später feststellen, die Rechnung für uns bezahlt. Danach fahren wir zu seiner Garage und reparieren in Rekordzeit mein Mopped. Als das Mopped fertig geschraubt ist, fahren wir mit seinen Freunden in einem Geländeminibus zu einem Stausee und werden zum Essen und Bierchen eingeladen. Für uns gibt es keine Chance, etwas zu bezahlen. Gastfreundlichkeit!

Am nächsten Morgen werden wir von Crazy Frog unserem Gatgeber, Dima und Jefgeni abgeholt und fahren in ein Flusstal, wo eine große Filmkulisse von irgendeinem Holywoodfilm steht. Die Landschaft ist traumhaft, wenn nur nicht diese tausende Fliegen wären. Wir springen in den Fluss, um uns abzukühlen und fahren wieder zurück. Crazy Frog, der auch Dima heißt, muss leider arbeiten, die anderen beiden nehmen uns jedoch zum Yachtklub mit. Sie versuchen, einen Jetski zu reparieren, was leider nicht klappte, sonst hätten wir eine Runde auf dem Wasser drehen können. Inzwischen habe ich es geschafft, Dima wenigstens das Geld für das Hotel zurückzugeben. Abends fahren wir zu einem See, grillen Schaschlik und machen Lagerfeuer. Wir verbrachten einen sehr schönen Abend mit unseren neuen Freunden!

29.06.2008
Als wir die Sachen zusammenpacken, kommt Dima (Cracy Frog) um sich verabschieden. Er fährt mit einem Crossmoped zu irgendeiner Crossveranstaltung nach Almaty. Die anderen beiden besuchen uns etwas später und bringen uns aus der Stadt. Ein herzlicher Abschied... dann geht es mit repariertem Mopped ab in die endlose Steppe Kasachstans. Wir fahren den ganzen Tag und schaffen einige Kilometer. Abends bauen wir unsere Zelte an einem Fluss auf. Neben uns grillen Kasachen Schaschlik. Unser Lager steht noch nicht, da sind wir auch schon eingeladen: Schaschlik, leckerer Salat und Piraschki. Diese Gastfreundschaft erleben wir sehr häufig. Ich telefoniere mit "Zuhause", denn meine Nichte Kira hat heute ihren fünften Geburtstag. Alle sind Zuhause und feiern. Ein schönes Stück Erdbeertorte und richtigen Kaffee hätte ich jetzt auch gern... Der kleine Anfall von Heimweh verfliegt jedoch schnell. Die Kasachen verabschieden sich und überreichen uns noch eine große Tüte mit Piraschki, Brot, Keksen und Konfekt. Am Lagerfeuer sitzen wir bis es dunkel ist, später verkriechen wir uns in unsere Zelte.

30.06.2008
Früh bauen wir unsere Zelte ab und fahren den ganzen Tag durch die Steppe, der nur unterbrochen von kleinen Pausen und Tankstopps ist. Es gibt hier nicht viel zu sehen. Gegen Abend bauen wir unsere Zelte etwa 250 km vor Semipalatinsk in der Steppe auf. Irgendetwas war doch in Semipalatinsk?! Wir befragen Wikipedia. Was wir dort lesen, gefällt uns gar nicht. Hier haben die Russen mehr als 500 Atombomben getestet. Es ist kein schöner Gedanke. Wir sind jedoch etwas beruhigt, dass wir am südlichen Rand des Geländes campen, denn die Bomben wurden im Norden gezündet. Mit den Gedanken an radioaktive Verstrahlung schlafe ich ein.

Der nächte Tag verging war mal wieder nur mit Fahrerei - immer nur geradeaus. Am 02.07. sind wir dann wieder in Russland eingereist - wie immer ohne Probleme. Die Landschaft ändert sich kaum in Russland, nur dass die Felder nicht, so wie in Kasachstan, brach liegen. Hier scheint es, wirtschaftlich besser zu laufen.
Diese Nacht zelten wir an einem kleinen See. Bauarbeiter, die neben uns eine Datscha bauen, laden und zum Essen und in die Banja (Sauna) ein.

03.07.2008
Die letzetn 50 km bis Barnaul haben wir schnell abgespult. Dann verbringen wir den ganzen Tag mit der Suche nach einer günstigen Unterkunft.Es ist nichts zu machen, in unserer Preisklasse gibt es hier einfach nichts. Wir sind ein bisschen Ratlos eigentlich wollten wir zwei drei Tage hier bleiben. Wir finden eine urige Bikerbar in der alles aus Moppedteilen zusammengeschweißt ist und essen erst mal was. Die Mädels dort telefonieren für uns nach einer günstigen Unterkunft herum, finden aber auch nichts. Als wir gehen wollen, kommt Schenja, ein langhaariger Biker auf einer dicken Chopper. Wir begrüßen uns und ich erzähle ihm von unserem "Wohnungs-Problem". Er holt erst mal Tisch und Stühle vor die Bikerbar und bestellt eine Rund Bier. Wir protestieren, es zu trinken, weil wir noch fahren müssen, aber es hilft nicht, wir bekommen auch ein Bier. Na gut, eins geht, obwohl 0,0 Promille in Russland ist und ich eigentlich nichts trinke, wenn ich fahre. Nach und nahc kommen immer mehr Biker und es wird ein sehr lustiger Abend. Leider wir haben aber immer noch keinen Platz zum Schlafen. Schenja telefoniert und findet eine Hütte, die uns mit 36 Euro eigentlich zu teuer ist, doch wir willigen ein, denn der Abend ist zu schön, um ihn jetzt schon zu beende. Mit 4 Motorrädern und einem Geländewagen fahren wir zur Unterkunft. Und dort gibt es erstmal reichlich Wodka und Bier. Später gehen wir noch in die Banja... ein sehr lustiger Abend. Spät in der Nacht falle ich betrunken ins Bett. Nächsten Morgen komme ich vor dem Mittag natürlich nicht aus dem Bett. Das Frühstück will mir auch nicht so richtig schmecken und dann fängt es auch noch an, zu regnen.

Wir fahren im Regen nach Bisk und steigen in einem alten Hotel aus sozialistischen Zeiten ab. Erst mal eine schöne heiße Dusche nehmen. Auf dem Innenhof des Hotels feiert eine Gruppe von 6 Frauen und 3 Männern, wahrscheinlich Arbeitskollegen, zur Musik eines Alleinunterhalters. Wir setzen uns an den Nebentisch. Eine 50-jährige Frau kommt mit einer Flasche Wodka zu uns rüber und eh wir uns versehen, haben wir ein Glas in der Hand und sind mittendrin... Wir tanzen zu dem letzen Lied, dann packt der Alleinunterhalter zusammen. Das macht nichts, jetzt stimmen die Frauen ein Liedchen an. Dann sind wir an der Reihe, mir fällt nichts ein, dann singt Stefan ein Lied aus seiner Heimat. Wieder mal ein sehr lustiger Abend.

05.07.2008 Es regnet schon wieder bis kurz hinter Gorni Altai, der letzten größeren Stadt vor der Mongolei. Wir finden einen Campingplatz an einem Fluss, hier wollen wir einige Tage bleiben. Kaum haben wir die Zelte aufgebaut und uns ein bisschen umgeschaut, werden wir schon wieder zu Wodka und Schaschlik von einer Gruppe Jugendlichen eingeladen. Es wird wieder feuchtfröhlicher Abend. So kann es nicht weitergehen... ;-)
Gegen Morgen stellen wir verkatert fest, dass uns beide GPS-Geräte geklaut wurden, die wir vergessen hatten, vom Mopped zu nehmen. Mist, aber selber schuld, wir waren zu unvorsichtig. Oft hatten wir die Geräte einfach drauf gelassen, weil eh nichts passiert ist, doch hier auf dem Platz waren einfach zu viele Leute unterwegs. Und jemand hat eben die Gelegenheit genutzt. Toll, wir sind kurz vor der Mongolei, dem einzigen Land unserer Tour, wo man das GPS wirklich braucht und beide Geräte sind nun weg. Meine alten Handschuhe, die ich zum Trockenen aufhing, wurden auch geklaut.

Es regnet mal wieder bzw. immer noch. Der Chef vom Camping meint, dass das Wetter an den nächsten Tage so bleiben soll. Ich packe meine Angel aus und versuche mein Glück, einen Fisch zu angeln. Kurze Zeit später, habe ich einen kleinen Fisch - dann noch einen... Größere soll es hier wohl nicht geben, erzählt mir ein anderer Angler und ich werfe die Fische wieder zurück ins Wasser. Stefan hat sich erkältet und es regnet schon wieder in Strömen.

07.07.2008
Wir packen im Regen unsere Zelte zusammen und fahren nach Gori Altai zurück. Dort nehmen wir für 3 Tage ein Zimmer in einer Gastinica und wechseln unsere Reifen und Öl und füllen unsere Vorräte für die Mongolei auf.
Tina hat mir per Email geschrieben, dass es nach der Parlamentswahl in der Mongolei zu Unruhen gekommen ist. Das hört sich nicht so gut an. Das Wetter ist auch noch nicht besser und hoffentlich sind in der Mongolei die Flüsse nicht so hoch und die Pisten modderig.
Am 20. Juli wollen wir in die Mongolei einreisen. Ihr werdet von mir in der nächsten Zeit wahrscheinlich nichts hören, bis wir wieder eine größere Stadt erreichen.
Na dann, das war's erst mal wieder von mir,
Schöne Grüße und Danke für die netten Kommentare!
Euer Matze

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Schön, dass du in Nowotroizk warst :-) ich werde wahrscheinlich nie wieder hinkommen. Freu mich auf die Fotos!
Grüß mir die Steppe und Kamele!