Mittwoch, 18. Juni 2008

14.06.08 Jurtencamp im Pamirgebirge in der Nähe von Murghab-Tajikistan

Am 6.Juni sind wir von Sarmakand nach Tajikistan aufgebrochen. Die Aus- und Einreise verläuft mal wieder problemlos. Bei einem tajikischen Beamten muss ich mir noch ein Strip-Video auf seinem Handy ansehen. ...das ist also das islamistischste Land unserer Tour, denke ich. Die Zöllnerin bei der Einreise spricht ganz gut deutsch und möchte gerne für die gute Abfertigung etwas für die Kaffeekasse. Wir lassen unser letztes usbekisches Geld da und sie ist zufrieden. Wir sind drin in Tajikistan, dem angeblich gefährlichsten Land der ganzen Tour.

Die Straße wird merklich schlechter bis sie nur noch Piste ist. Sie schlängelt sich mal höher mal tiefer an einem reißenden Fluss entlang; ab und zu geht es über eine Brücke auf die andere Seite, bis an einem Erdrutsch erst mal Schluss ist. Von der anderen Seite, versucht ein Radlader die heruntergestürzten Steine in den Fluss zu schieben. Es ist schon spät und wir brauchen langsam einen Platz zum Schlafen. Es dauert nicht lange, da ist der Weg wieder frei. An einem Straßenrestaurant dürfen wir zelten und bekommen auch gleich noch Tee und Brot und Wassermelone vom Hausherren. Müde krieche ich in mein Zelt; die Piste hat heute ganz schön geschlaucht.

Morgens lädt uns der Chef noch zum Tee ein. Er erzählt etwas von einem Tunnel der bald kommt. Wir denken uns nichts dabei, packen zusammen und machen uns auf den Weg. Die Piste schlängelt sich nun immer höher in die Berge. Das Panorama ist traumhaft, schneebedeckte Berge im Hintergrund, unter uns der reißende Fluss. Die Piste wird immer schlechter, große Laster kommen uns entgegen und man sieht vor Staub sekundenlang nichts. Auf der Piste fahren wir etwa 2 - 3 km hintereinande, damit der Hintermann nicht ständig den Staub schlucken muss. Ich fahre vorne und komme in eine Art Baustelle und dann stehe ich vor dem Tunnel! Da fällt mir auf einmal der Reisebericht ein, den ich gelesen habe. Da war von einem Tunnel voller Wasser in Tajikistan die Rede. Und jetzt stehe ich genau vor diesem Tunnel! Die Jungs aus dem Reisebericht haben die Moppeds auf einen LKW verladen und sind nicht durchgefahren. Stefan kommt und ich berichte, was uns bevorsteht.

Wir fahren zum Eingang vor, ein großes Wasserloch. Ein Lada Niva kommt gerade heraus und steht bis über die Motorhaube im Wasser. Wir sind ratlos... Die Bauarbeiter zeigen auf einen LKW, der gerade Blechplatten aufläd. Auf dem LKW wird nichts drauf bleiben und die Moppeds niemals stehen. Rechts soll das Wasser angeblich flacher sein und hier am Eingang die tiefste Stelle des 5 km langen, natürlich unbeleuchteten Tunnels sein. Wir beschließen, es auf eigene Faust zu versuchen. Stefan fährt vor und ich stelle mich an die Seite, um hineinzuspringen und zu helfen, wenn er es nicht schafft, das Mopped zu halten. Er gibt Gas, das Wasser geht ihm bis zu den Hüften, aber er schafft es! Nun bin ich dran, Gas und hinein in die Brühe. Dann geht es weiter in das dunkele Loch immer durch 20 bis 50 cm hohes Wasser. Ab und an poltert man in ein tiefes Loch und kann das Mopped kaum noch halten. Es ist stockdunkel, selbst mit Fernlicht sieht man kaum etwas. Dann wieder ein Wasserfall von der Tunneldecke, Gas und durch. Lkws und Geländewagen kommen uns entgegen und blenden. Zum Schluss hin wird das Wasser weniger und man kann schon das Licht am Ende sehen. Wir haben es geschafft!!! Mit schlackernden Knien, von oben bis unten voll mit Dreck, aber glücklich, das Mopped nicht in diesem Loch versenkt zu haben, hielten wir an.

Nun geht es wieder hinunter. Die Piste wird besser bis es schließlich wieder feinste Asphaltstraße gibt. Wir nähern uns Dushanbe, der Hauptstadt Tajikistans. Hier müssen wir und registrieren, nur ist leider Samstag. Also müssen wir in ein Hotel, das die Registrierung beim Inlandsgeheimdienst für uns erledigt. So ist der Plan. Wir finden ein altes Hotel aus sozialistischen Zeiten und mieten uns ein. Die Dusche ist kalt und das Waschbecken fehlt. Als ich beim Duschen bin geht das Licht aus. Abends gehen wir dann etwas essen und tinken in einem Art Biergarten ein Bierchen.

Duschanbe ist eine sehr modern wirkende, grüne Stadt. Am nächsten Morgen sehe ich beim Einpacken, dass mein Reifen platt ist. Na toll... die Sonne brennt schon und ich muss den Schlauch wechseln, super.... Ein Nagel steckt im Reifen. Aber ich werde ganz gut von den Wäscherinnen des Hotels mit Tee, Limo und Brot versorgt und waschen kann ich mich nach getaner Arbeit auch bei ihnen. Stefan ist zwischezeitlich zum Markt genangen, um für die Moppeds Tajikistan-Aufkleber zu besorgen. Er bekommt leider keine. Als er wieder da ist, bin ich fertig und wir können in den Pamir aufbrechen. Die Berge werden langsam höher und aus der Straße wird wieder eine Piste. Wir übernachten auf einem Hügel neben der Piste.

9.Juni: Heute fahren wir über den ersten höheren Pass (3250 m). Man merkt schon deutlich wie das Mopped an Leistung verliert. Ich treffe 2 deutsche Radfahrer, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind. Wir quatschen eine Weile, dann muss ich weiter, Stefan ist vorausgefahren und legt mal wieder ein ganz gutes Tempo vor. Die Abfahrt ist super: bizarre Felsen, unten der reißende Fluss. Ich mache jede Menge Fotos und lasse mich ohne Motor den Pass herunterrollen. Stefan ist schon weit voraus. Hinter dem Pass führt die Piste immer am Ufer des Panj, der die Grenze zu Afghanistan bildet, entlang. Wir haben Probleme, einen Platz zum Zelten zu finden, da die ganze Gegend seit dem Afghanistankrieg vermint ist. Wir halten an einem Straßenrestaurant und fragen nach einer Gastinica. Es wird schon langsam dunkel. Es wird Zeit, endlich einen Schlafplatz zu finden. Der Wirt meint, dass wir auf einem der 2 „Tatarensofas“, die draußen vor dem Restaurant stehen, schlafen könnten. OK, das machen wir. Wir essen noch etwas, holen die Schlafsäcke heraus und machen es uns gemütlich.

Es war aber eine sehr unruhige Nacht, in der ich kaum ein Auge zubekam. Laufend hielten Autos und LKW’s, Leute kamen und legten sich hin, standen wieder auf und fuhren weiter. Einmal kam einer auf mich drauf, ich schreckte hoch. Es sah so aus, als wolle er mir ans Leder. Ich hatte schon mein Pfefferspray in der Hand. Er zeterte laut auf mich ein und spukte mir beim Reden ins Gesicht. Dann ging er auf das andere Sofa und legte sich hin. Keine Ahnung, was er mitten in der Nacht von mir wollte... Wie gerädert standen wir früh auf und fuhren weiter.

Unterwegs tanken wir, jeder einen 10 Liter Eimer. Richtige Tankstellen gibt es hier nicht. Sprit wird an der Straße in Eimern und anderen Gefäßen verkauft. Gegen Mittag kommen wir in Khorogh an und finden die Pamirlodge, die mir die Radfahrer empfohlen hatten. Die ist aber leider komplett belegt. Wir fragen, ob wir im Garten unsere Zelte aufbauen können. Der alte Herr zeigt uns einen Platz. Ich baue mein Zelt unter einem Baum auf, Stefan unterhalb, in einer Senke. Gegen Morgen höre ich Stefan mit der Betreiberin auf Englisch schimpfen. "Warum hat mir das keiner vorher gesagt, alles steht unter Wasser". Was ist da los? Ich krieche aus dem Schlafsack. Stefans Zelt steht komplett in 30 cm tiefem Wasser. Zum Bewässern wird der Bach nachts durch den Garten geleitet und in der Senke, wo Stefan zeltete, sammelt sich das Wasser und bildet einen kleinen Teich. Niemand hat uns vorher gewarnt, obwohl sie gesehen hatten, dass Stefan dort das Zelt aufstellte. Er war stinksauer. Wir mussten dann auch nichts bezahlen.

Die Fahrt auf dem eigentlichen Pamir-Highway beginnt. Es scheint, tatsächlich die beste Straße Tajikistans zu sein, fast durchgehend Asphalt. Wir können es kaum glauben. Khorogh liegt auf etwa 2000 m Höhe. Wir hatten vor, auf etwa 3000 m zu fahren und dort zu zelten, um uns langsam an die "dünne" Luft zu gewöhnen. Wir fanden aber mal wieder keinen vernünftigen Platz. Und schon überquerten wir über den 4200 m hohen Pass. Dei Straße führte nicht wieder hinunter. Auf einer Hochebene in 4000m bauten wir unsere Zelte auf. Jede kleinste Bewegung macht uns atemlos. Die Nacht wird kalt. Wir haben ca. 4 Grad im Zelt. Ich kuschle mich in meinen Schlafsack.

Beim Frühstücken sehen wir, wie von Weitem jemand kommt. Es sieht aus wie ein Fahrrad mit Packtaschen. Wir rätseln... Dann sehen wir, dass es ist ein Esel mit Wasserkannen ist. Rechts und links von ihm jeweils ein Junge und zwei kleinen Mädchen sitzen auf dem Esel. Dahinter kommt der Vater gelaufen. Sie sind unterwegs, um vom Bach Wasser zu holen. Wir unterhalten uns ein weinig mit Händen und Füßen und laden die 4 zum Tee und Keksen ein. Ich habe wohl ein bisschen viel Tee eingegossen. Der alte Mann hat Mühe, ihn laut schlürfend auszutrinken. Dann ziehen sie wieder los. Wir packen auch zusammen und fahren zurück.

Wir wollen noch die Stasse nach Ishkashim, an der afghanischen Grenze, entlangfahren. Wir finden den richtigen Abzweig, aber die Piste ist sehr schlecht. Wir hatten vorher abgemacht, schlechte Pisten, die wir nicht unbedingt fahren müssen, auszulassen, um die Moppeds zu schonen. Wir wollen ja schließlich noch ein Stückchen weiter kommen... Wir beschließen noch 5 km weiterzufahren und umzukehren, wenn die Straße nicht besser wird. Sie wird noch schlechter, wir drehen. Fast am gleichen Platz wie gestern, bauen wir unsere Zelte auf. Die zweite Nacht auf 4000 m.... Kalter Wind pfeift, 2 Grad im Zelt, im Schlafsack ist es mollig warm.

12. Juni 2008: Unterwegs nach Murghab, ein Nest auf 3500 m, "in dem der Hund begraben ist".
Auf dem Marktplatz treffen wir 4 Deutsche, die mit 2 Geländewagen unterwegs sind. Sie erzählen uns von heißen Quellen, die 40 km von hier entfernt sind, wo man in einer Jurte für 10$ inkl. Vollverpflegung und Baden in heißem Wasser übernachten kann. Das ist genau das Richtige für uns nach etlichen Tagen ohne Duschen. Wir machen uns auf den Weg. So... und hier sitze ich jetzt und schreibe... Ein wirklich schönes Fleckchen Erde hier. Wir bleiben zum Entspannen 2 Nächte hier, dann geht es weiter zum Karakul-See; über den höchsten Pass unserer Reise: 4655 m.

Dann bis zum nächsten Mal.
Schöne Grüße aus der Jurte,
Matze

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